Hand in Hand für’s Kind

Team-Teaching mit sozialpädagogischen Fachkräften beim 1. Fachtag Sozialwesen an der BBS Boppard

Ein dauerhaft wichtiges Thema, eine anspruchsvolle Herausforderung in der Praxis, zahlreiche Fachleute mit einschlägiger beruflicher Erfahrung, interessierte Auszubildende und politische Wertschätzung: Das war das Erfolgsrezept des 1. Fachtages der Fachschule Sozialwesen an der BBS Boppard zum Thema „Übergänge zwischen den Systemen Kita und Grundschule kindgerecht gestalten“.

Zu diesem Fachtag luden der Fachbereich Sozialpädagogik aus der Bopparder Fachschule Sozialwesen und die Evangelische Kindertagesstätte Straßenhaus drei Fachschulklassen der Erzieher/-innenausbildung, Fachkräfte aus verschiedenen Kindertagesstätten und Grundschulen sowie Frau Susanne Skoluda aus der Abteilung „Frühkindliche Bildung“ im Bildungsministerium RLP ein.

Es war der ebenso begnadete wie engagierte Pädagoge Friedrich Wilhelm August Fröbel, der vor gut 150 Jahren das Bewusstsein für die frühkindliche Bildung schärfte: Bildung beginnt nach Fröbel nicht erst mit der Schule, sondern schon deutlich früher. Bis auf den heutigen Tag prägt diese Erkenntnis die erzieherische Praxis im Elementarbereich: Bildungs- und Lernprozesse können und sollen bereits in den ersten Lebensjahren systematisch initiiert und unterstützt werden: spielerisch und vom Kind aus gedacht. So unstrittig es heute ist, dass Kinder bereits vor dem Schuleintritt lernen, so herausfordernd ist es immer noch, den Übergang vom leistungsdruckfreien, spielerischen Lernen des Vorschulkindes zum schulischen Lernen mit definierten Lerninhalten, Bewertungskriterien und Leistungszielen zu gestalten. Und diesen Übergang, das betonten Angela Wessel (Leiterin der evangelischen Kita Straßenhaus) und Melanie Freiholz (Leiterin der Grundschule Linz und der Grundschule Leubsdorf) als Hauptreferentinnen des Fachtages, gilt es vom Kind her zu denken und nicht von den formalen Anforderungen eines Systems. „Lehrkräfte erwarten von der Kita die Vorbereitung der Kinder auf die Schule: bestimmte Arbeitstechniken wie Lochen, Heften, sauber Schreiben etc. Das widerspricht allerdings dem Anliegen einer individuellen Förderung in der KiTa, die sich als ‚Begleiter des Kindes‘ sieht und nicht als Beurteilungsinstanz“, formuliert A. Wessel den elementaren pädagogischen Widerspruch beider Einrichtungen. „Auch die Grundschule will begleiten und beraten, muss aber auch benoten, beurteilen und letztlich selektieren“, ergänzt ihre Mitreferentin M. Freiholz. Schließlich habe Schule einen Lehrplan und könne nicht nur nach Neigung unterrichten. Beide Referentinnen bringen jahrelange Erfahrung in der konzeptionellen Gestaltung von Übergangsprozessen mit, die in der Fläche nicht verbindlich systematisiert sind, sondern jeweils in örtlichen Kommunikationsprozessen zwischen den jeweiligen Einrichtungen ausgehandelt werden müssten. „Im Grundsatz suchen wir durch verschiedene Projekte viele kleine Berührungspunkte mit dem Ziel, dass Kita-Kinder Schule kennenlernen und Schule ‚lernen‘ können“, erläutert A. Wessel das Ziel der Anstrengungen für einen gelingenden Übergang. In Straßenhaus gehören dazu Projekte wie das „Kinderparlament“ mit Kinder-Abgeordneten aus KiTa und Grundschule sowie auch mehrtägige gemeinsame Natur- und Sportaktionstage. A. Wessel und M. Freiholz fordern von der Übergangskonzeption mehr als nur gegenseitige Besuche im Haus, sie fordern ein von der Leitung und dem Personal gemeinsam getragenes kooperatives Handeln, durch das die Jungen und Mädchen sich Schule als Lern- und Erfahrungsraum erschließen können.

Dieser Aufgabe widmete sich der Fachtag an der BBS Boppard, die sich als bedeutender Anbieter für die Erzieher/-innen-Ausbildung in der Region etabliert hat. Vorbereitet von den Lehrerinnen Sonja Gohl, Antje Bartsch, Anika Meurer, Claudia Merkert und Helen Saal bot der Fachtag in sieben 45-minütigen Workshops zu den Themen „Bildungsbegriff“, „Was muss ein Kind können ,wenn es in die Schule kommt?“, „Was sagt die Politik zum Übergang Kita – Grundschule?“, „Was möchten Kinder?“, „Und was fühlen Eltern?“, „Zurück in die Zukunft!“ und „Kooperationskalender“ ausreichend Gelegenheit für den fachlichen Input und Austausch, für den sich neben Melanie Freiholz und Angela Wessel auch Marie Kohnert, Lena Rüdig und Sven Hautkappe von der Kita Straßenhaus sowie Sascha Bauer, Nicole Dreesen, Silke Lebisch vom „Netzwerk Offene Arbeit Deutschland“ in den jeweiligen Workshops zur Verfügung stellten. „Es ist uns wichtig, auf dem Fachtag das Gespräch zwischen den Fachleuten aus der Praxis und unseren Lernenden in Gang zu bringen“, erläutert Sonja Gohl das Konzept „Team-Teaching mit der Praxis“.

Der Erfolg des Fachtages gibt ihr Recht. Die Schülerinnen und Schüler griffen das aktivierende Angebot gerne auf und brachten sich engagiert in die ebenso kontroverse wie lebhafte Abschlussdiskussion unter der Moderation von Sonja Gohl ein.

 

Die BBS Boppard nimmt eine Vorreiterrolle ein, wenn es darum geht, als Ausbildungsschule für Erzieherinnen und Erzieher mit Expertinnen und Experten aus der erzieherischen Praxis zu kooperieren. Vor gut einem Jahr hat sie einen Kooperationsvertrag mit der KiTa Straßenhaus als Konsultationskindertagesstätte zum Thema „Kita geht raus – Möglichkeiten der Gestaltung von offener Arbeit“ abgeschlossen. Schulleiterin Gabriele Wingender zeigt sich denn auch anlässlich des Fachtags stolz darauf, dass es gelingt, Projekte wie das Team-Teaching mit der Praxis als Austausch- und Kooperationsforum zu installieren: „Wir möchten unseren angehenden Erzieherinnen und Erziehern diese Impulse aus der Praxis mitgeben, um unsere Ausbildung in der Fachschule aktuell und zeitgemäß anzulegen.“ Bestärkt in ihrer Kooperationspraxis und ihrem „Team-Teaching-mit-der-Praxis“-Konzept dürfen sich die BBS Boppard und die Evangelische KiTa Straßenhaus durch Frau Susanne Skoluda vom Mainzer Bildungsministerium fühlen, die sich gerne die Zeit nahm, um dem Fachtag ganztägig beizuwohnen: „Ich stehe hinter dem Thema. Mir ist es wichtig, hier vor Ort persönlich zu erleben, wie der Austausch zwischen Fachschule und KiTa gelebt wird. Es ist toll, was ich hier mitbekomme und ich freue mich, hier zu sein. Das Thema ist mir ein wichtiges Anliegen und deswegen war es für mich auch klar, dass ich mir für die gute Initiative der BBS Boppard und der Konsultationskindertagesstätte Straßenhaus einen ganzen Tag Zeit nehme“.