„Rendez-vous“ mit der erzieherischen Praxis

Zweiter Fachtag an der BBS Boppard diskutiert Konzepte pädagogischen Arbeitens in der KiTa

„Offen?“ „Traditionell?“ „Teiloffen?“ Diese drei kurzen Fragen standen im Mittelpunkt des zweiten Fachtages der Fachschule Sozialwesen mit der Fachrichtung Sozialpädagogik an der BBS Boppard. Der Fachtag befasste sich mit der Leitfrage, nach welchem Konzept sich die angehenden Erzieherinnen und Erzieher eine gelingende Arbeit in einer Kindertageseinrichtung vorstellen.

Zum profunden Austausch lud das Organisations-Team der BBS Boppard um die Lehrerinnen Claudia Merkert, Antje Bartsch, Sonja Gohl, Dr. Denise Dazert und Helen Saal Vertreterinnen und Vertreter von fünf Kindertagesstätten, mit denen die BBS Boppard seit Jahren kooperiert, zur Expertenrunde ein.

Schon zum Einstieg des Fachtages offenbarte sich im Zuge des digital über ONKOO erhobenen Meinungsbildes im Plenum die zentrale Frage nach begrifflicher Klarheit und danach, wie sich das jeweilige Konzept in der praktischen Arbeit vor Ort bemerkbar macht. Darauf gingen Marion Hilgert von der katholischen Kita St. Theresia Rhens, Klaus Michel von der Kita „Arche Noah“ Rheinböllen, Simone Kokoscha/ Herr Barber von der Kindertagesstätte St. Klara Boppard, Marie Konert von der Kindertagesstätte Straßenhaus und Melanie Prager von der Kindertagesstätte „Gänsacker“ Kirchberg in ihren informativen Impulsreferaten zu den einzelnen Konzepten ein.

Anschließend bot sich den Teilnehmerinnen und Teilnehmern die Gelegenheit zu einem kritisch-konstruktiven Austausch im Rahmen einer lebendigen Podiumsdiskussion mit den eingeladenen Gästen, die sich insbesondere mit der Leitfrage auseinandersetzten, wie Kinder mit Freiheit umzugehen lernen können und sollten. Für Marie Konert von der Kindertagesstätte Straßenhaus beantwortet sich diese Frage über ein maximal mögliches offenes Arbeiten. Dabei geht es ihr weniger um die organisatorischen Rahmenbedingungen, denn vielmehr um die innere Überzeugung: „Das offene Konzept steht bei uns nicht nur für eine spezifische Raum- und Ablauforganisation, sondern insbesondere für ein bestimmtes Menschenbild. Es kommt uns auf die Haltung an!“ Es ist eben diese Haltung, die es ermöglicht, Kindern Freiheit und den Umgang damit zuzutrauen. Können Kinder denn alles entscheiden? Hierzu verwies Melanie Prager aus Kirchberg auf die sich entwickelnden Erfahrungswerte der Freiheit in der frühkindlichen Entwicklung. Sie hob den kommunikativen Aushandlungsaspekt in der Freiheitserziehung hervor und sprach von einer „strukturierten Freiheit“: „Darunter verstehe ich, dass Kinder unter vorgegebenen Rahmenbedingungen, die idealerweise mit ihnen ausgehandelt werden, den Raum bekommen, Freiheit erfahren und erlernen zu können.“ Einigkeit bestand bei allen Beteiligten darin, dass die Heranführung der Kinder an einen verantwortungsbewussten und aktiven Umgang mit Freiheit in keiner Kita ein Selbstläufer ist, sondern immer wieder neu erarbeitet und erlernt werden muss. Für die Bestimmung des eigenen Verständnisses gelingender frühkindlicher Erziehung gibt es keinen exklusiven Königsweg. Dies zeigte sich in der Podiumsdiskussion und auch in den weiterführenden Workshops am Nachmittag, die den Beteiligten ein anschauliches „Rendezvous mit einem Konzept“ eröffneten: An verschiedenen Beispielen aus der erzieherischen Praxis, wie der Gestaltung von Mahlzeiten, Freispiel, Schlafphasen, Beziehungsarbeit und Bildung erörterten und konkretisierten die Teilnehmenden konzeptionelle Überlegungen zur Frage, wie und wieviel Freiheit Kinder wann am besten lernen können. Auch hier gab es keine einfachen Standardlösungen, wohl aber „wertvolle Einblicke und Denkanstöße“, wie es eine angehende Erzieherin ausdrückte. Diesen Gedanken griff auch Moderatorin Sonja Gohl auf: „Es ist erkennbar, dass sich viele Kindertagesstätten mit der Frage intensiv und ernsthaft auseinandersetzen und sich auf den Weg zu einer zunehmenden erzieherischen Offenheit machen. Offenes Konzept heißt dabei nicht, alles laufen zu lassen, sondern Freiheit in Verantwortung zu lernen – so früh wie möglich und so gut wie möglich.“