„Wir holen die Schülerinnen und Schüler zurück“
An der BBS Boppard ist Schule mehr als „Corona-Organisation“ „Liebe Schülerinnen und Schüler, bitte beachten Sie die Regeln zum Unterricht in Zeiten von Corona“, lautet der Beginn der stündlichen Lautsprecherdurchsage an der BBS Boppard. Was hier in sanfter Stimme stündlich in der gesamten Schule ertönt, ist eine von vielen Maßnahmen der Schule, um den Unterrichtsbetrieb im Rahmen der strengen Hygieneregeln des Landes Rheinland-Pfalz wiederaufzunehmen. Doch das ist längst nicht alles.
Freitagnachmittag, 15:00: Die Schulleitung der BBS Boppard trifft sich wie an fast jedem Tag in den vergangenen Wochen zur Lagebesprechung: Das Thema lautet immer gleich, bringt aber täglich vielfältig neue Aufgabenstellungen mit sich. Heute geht es um den Rückblick auf die ersten Schulwochen an der BBS Boppard nach der Wiedereröffnung: Seit dem 27. April drücken die Schülerinnen und Schüler der Abschlussklassen in der Berufsoberschule 2, der Höheren Berufsfachschule und der Berufsfachschule II unter strengen Auflagen zum Infektionsschutz wieder die Schulbank – seit dem 4. Mai werden auch die Klassen der Berufsfachschule I und des Berufsvorbereitungsjahres wieder beschult. Und seit dem 11. Mai schreiben die Abschlussklassen ihre schriftlichen Prüfungen.
Wie ist es gelaufen? Haben sich die Maßnahmen bewährt? Wie geht es weiter? Die Antworten auf diese Fragen sind wichtig für den Blick in die Zukunft, denn im Anschluss an die Prüfungswoche sollen weitere Klassen zusätzlich beschult werden. „Es waren harte Wochen der Vorbereitung, die Umsetzung der behördlichen Maßnahmen haben wir uns nicht leicht gemacht. In Summe können wir heute eine sehr zufriedenstellende Zwischenbilanz ziehen. Die Schulgemeinschaft hat die Herausforderung der Wiedereröffnung angenommen“, fasst Schulleiterin Gabriele Wingender die Rückmeldungen zum Corona-Roll-back der ersten Schulwochen nach Wiedereröffnung zusammen.
Rückblick: Schon in der zweiten Woche der Osterferien beginnt die Schule mit den Vorbereitungen. Die größten Herausforderungen bestehen in der Umsetzung der Abstandsregeln und Kontaktreduzierung. Die meisten Schulgebäude sind darauf nicht ausgelegt, d.h. jeder Unterrichtsraum muss vermessen werden. Und dann sind Ein- und Ausgänge sowie Laufwege exakt zu definieren und Pausenzeiten zu verschieben, damit sich Kontakte auf Fluren und in den Aufenthaltsbereichen reduzieren. Die „Vermessung des Raums“ in ‚ihrer‘ Schule nimmt die Schulleiterin persönlich mit dem Hausmeister Markus Lahnert in Angriff. Es folgen weitere wichtige Vorbereitungen: Briefe an Eltern und Betriebe sowie eine Informations- und Begrüßungsbroschüre werden entworfen, denn „es ist uns wichtig, die Schulgemeinschaft gut zu informieren und die Jugendlichen zum Neustart der Schule mit den besonderen Bedingungen von Unterricht in Zeiten von Corona vertraut zu machen“, erläutert Wingender.
Neben den planerischen Hürden, die Schulleitung in diesen Tagen nehmen muss, geht es an der BBS Boppard um mehr: „Planerische Arbeiten vor dem Hintergrund des gebotenen Infektionsschutzes, wie zum Beispiel die angepassten Stundenpläne, Aufsichtspläne und Pausenpläne, sind ungemein wichtig für den aktuellen Schulbetrieb. Allerdings ist Schule immer noch mehr als Corona-Organisation“, hält Wingender fest. „Wir möchten an unserer Schule die vielen überzeugenden Initiativen zum selbstständigen Lernen mithilfe digitaler Techniken über das Corona-bedingte Homeschooling hinaus langfristig nutzen.“ Die BBS Boppard will digitale Angebote nicht nur als provisorischen Ersatzunterricht in Krisenzeiten unterbreiten, sondern zukünftig auch als dauerhafte Kommunikationsstruktur etablieren. Hier sind regelmäßige online-Unterrichtsangebote für alle Klassen ebenso angedacht wie virtuelle Konferenzen und Besprechungen. „Wir haben Riesenschritte in Richtung Digitalisierung unternommen – und die möchten wir verstetigen“, wünscht sich Studiendirektor Christian Tuldi, der schon vor Corona eine ambitionierte Medienstrategie formuliert hat, für die Zukunft. Dabei weiß er um die Bedeutung von selbstgesteuerten Lernstrategien für den Lernerfolg: „PC, Handy und Internet können alleine nicht richten, was zum erfolgreichen Lernprozess gehört, die Schülerinnen und Schüler müssen auch das Lernen lernen.“ Dazu hat die BBS Boppard schon vor Corona eigene Unterrichtszeiten eingerichtet. Und da ist noch etwas, was sich tief in den pädagogischen Kompass der BBS Boppard eingebrannt hat: „Schule ist nicht in erster Linie für die Corona-Organisation da, sondern für Menschen. Die sind das Wichtigste und all unser Handeln zielt darauf ab, den Lern- und Bildungserfolg unserer Schülerinnen und Schüler zu gewährleisten – auch und gerade in krisenhaften Ausnahmesituationen“, skizziert Wingender ihren Wertemaßstab. Deswegen ist es ihr und ihrem Schulleitungsteam an der BBS Boppard auch so wichtig, so viele Schülerinnen und Schüler in die Schule zurückzuholen, wie es irgend möglich ist. Ihren Dank dafür, dass der Schulbetrieb ordnungsgemäß aufgenommen werden konnte, richtet sie an das Kollegium, den Hausmeister, die Mitarbeiterinnen im Schulbüro und die Reinigungskräfte: „Dieser engagierte Einsatz unter außergewöhnlichen Umständen war und ist eine tolle Leistung“, fügt sie an.
Der tiefe Einschnitt der Schulschließung hat gezeigt, wie wichtig Präsenzunterricht in der Schule für die Persönlichkeitsentwicklung und die Chancen auf Bildungsgerechtigkeit ist. „Der Mensch wird immer noch mit fünf analogen Sinnen geboren, die es zu nutzen und zu entwickeln gilt. Dafür ist der soziale Zusammenhang im Klassenverband ungemein wertvoll“, begründet Studiendirektor Dr. Descourvières die massiven Anstrengungen der BBS Boppard, möglichst viele Klassen wieder mit Präsenzunterricht zu versorgen – insbesondere diejenigen mit überwiegend minderjährigen Schülerinnen und Schülern. Genau das ist der BBS Boppard gelungen – mit intensiver Planung, pädagogischer Umsicht und sozialer Verantwortung.