Die BBS Boppard kann Demokratie -Fragebogenentwicklung zu demokratischen Kompetenzen in Europa.

Demokratie ist kein Selbstläufer: Sie muss von uns allen gelernt und praktiziert werden. Auch in modernen freiheitlichen Gesellschaften ist sie nicht selbstverständlich für immer gegeben: Angesichts eines wachsenden Populismus, Extremismus und Rassismus muss sie mutig und dauerhaft verteidigt werden.

Das ist für die zertifizierte Europaschule BBS Boppard Grund genug, Demokratiebildung ganz oben auf die Tagesordnung schulischer Erziehungsarbeit zu setzen. Dafür geht sie immer wieder innovative Wege und schließt fruchtbare Partnerschaften mit externen Fachleuten und Institutionen – jüngst mit der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz.

An der BBS Boppard, die seit diesem Schuljahr auch Modellschule für Demokratie und Partizipation in Rheinland-Pfalz ist, haben demokratiepädagogische Initiativen zu Demokratie und Partizipation Tradition. Ob Studientage, internationaler Austausch, Schulversammlungen., Workshops, Exkursionen oder sogar ganze Projektwochen – an der BBS Boppard war und ist immer was los in Sachen Demokratie. Dazu passt, dass die Schule mit ihrem Engagement für Demokratiebildung als Europaschule ausgezeichnet wurde und auch erfolgreich die ERASMUS-Akkreditierung bestand. „Demokratie ist eine der wichtigsten Grundlagen für ein friedliches Zusammenleben in Deutschland und Europa. Als Schule müssen und wollen wir dazu Farbe bekennen“, fasst Schulleiterin Gabriele Wingender die programmatische Grundüberzeugung an der BBS Boppard zusammen.

In einem ihrer jüngsten Projekte hat sie gemeinsam mit der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz auf der Grundlage des europäischen Kompetenzrasters für Demokratiebildung einen Fragebogen entwickelt, um die Ausprägung demokratischer Kompetenzen zu messen. „Demokratiekompetenzen sind ein wesentlicher Teil politischer und lebensweltlicher Grundbildung und das Fundament freiheitlicher Gesellschaften“, benennt Dr. Bigos von der Universität Mainz den Ausgangspunkt des gemeinsamen Projekts. Das inhaltliche Ziel prägte dabei auch die Arbeitsmethode: Die Projektgruppe um Denise Dazert und Benedikt Descourvierès von der BBS Boppard sowie Jessica Kaloianis und Michael Bigos von der Universität Mainz theoretisierte nicht nur abstrakt über Demokratie, sie praktizierte sie auch, indem mehrere Klassen aktiv in die Entwicklung und Erprobung des Fragebogens einbezogen wurden.

„Kompetenzen für eine demokratische Kultur“
Ausgangspunkt für die Entwicklung des Fragebogens war das Kompetenzraster „Kompetenzen für eine demokratische Kultur“ (CDC-Modell), das der Europarat 2018 für den Bereich der demokratischen Teilhabe und Partizipation veröffentlicht hat. Das Modell umfasst insgesamt zwanzig Kompetenzen und untergliedert sich in die vier Hauptkategorien Werte, Einstellungen/Haltungen, Fähigkeiten sowie Wissen und kritisches Denken. Dies diente als Ausgangspunkt für die Projektarbeit, in der sich bald auch die Bedeutung des „Vertrauens“ herausstellte: „Das ergibt organisationssoziologisch durchaus Sinn“, begründet Dr. Descourvières von der Schulleitung der BBS Boppard sein Interesse daran, mit dem Fragebogen auch das Maß an bestehendem Vertrauen zu messen. „Je mehr Vertrauen die Mitglieder der Schule in Sinn und Funktionalität des schulischen Handelns und in die charakterliche Integrität der handelnden Personen haben, desto mehr gelingt ein offener und vertrauenswürdiger Umgang untereinander, der zum Mitdenken und Mitmachen animiert.“ Eine Kultur der Wertschätzung und eine Haltung der Wahrhaftigkeit und Glaubwürdigkeit tragen maßgeblich dazu bei, dass sich die Mitglieder der Schulgemeinschaft – insbesondere die Schülerinnen und Schüler – mit ihren Anliegen ernst- und wahrgenommen fühlen. Und dies befördert die Bereitschaft, sich in schulische Prozesse einzubringen.

Der Fragebogen liegt nunmehr in seiner finalen Fassung vor und kann zur Evaluation der demokratischen Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern verwendet werden. Er findet sich vollständig in dem ausführlichen Projektbericht, der als online-Publikation der Johannes-Gutenberg-Universität über den Link http://doi.org/10.25358/openscience-8267 aufgerufen werden kann. Die Projektgruppe stellte das Instrument auch bereits in Workshops auf dem Demokratietag Rheinland-Pfalz in Ingelheim, dem „Netzwerktreffen der Europaschulen“ in Bad Marienberg und auf dem schweizerischen Schulleitungs-Symposium WELS einer interessierten Öffentlichkeit vor. Zum Einsatz kam der Fragebogen ebenfalls schon: Die BBS Boppard ließ ihn im Rahmen ihrer Europa- und Demokratiewoche von allen Klassen ausfüllen und verfügt nun über eine breite Datengrundlage zur Ausprägung demokratischer Kompetenzen und des bestehenden Vertrauens.
Als Fernziel wünschen sich Schule und Universität noch, die digitale Performance der Befragung zu optimieren. So soll das Instrument mittelfristig in ein webbasiertes Tool eingepflegt werden, um seine dezentrale Verwendung und Auswertung auf Dauer unkompliziert zu ermöglichen.