Der sozialen Wirklichkeit in der deutschen Hauptstadt auf der Spur
Fachschulklasse der BBS Boppard auf Studienfahrt nach Berlin
Nach der langen Corona-Pause machte sich die Fachschulklasse Sozialwesen von der BBS Boppard für eine Woche auf den Weg nach Berlin. Damit erfüllten sich die angehenden Erzieherinnen und Erzieher unter Leitung ihrer Lehrerinnen Frau Becker und Frau Fritsche einen lang gehegten Wunsch. Neben den politischen und kulturellen Besuchszielen stand der Austausch mit pädagogischen Einrichtungen in Berlin auf dem Programm.
Lange zuvor hatten sich die Schülerinnen und Schüler der Fachschulklasse FSSv21 bereits für eine Fahrt in die deutsche Hauptstadt entschieden. Sie planten den Aufenthalt in Berlin zusammen mit ihren Lehrerinnen und bereiteten den Besuch historischer Highlights ebenso gewissenhaft vor wie die Begegnung mit sozialpädagogischen Einrichtungen. Natürlich fehlte auch die Freude an der gemeinsamen Unternehmung, wie sie sich für gewöhnlich seit jeher in allen Schülergenerationen findet, nicht: Eine Klassenfahrt, das ist immer ein Höhepunkt im Schuljahr – erst recht nach Corona.
So machte sich die Klasse mit der Bahn von Boppard auf den Weg in die Metropole, in der sie auf historischem Boden für eine Woche Quartier im Industriepalast-Hostel Friedrichhain unweit der ehemaligen innerdeutschen Grenze bezog. Mit Haltestellen für S-Bahn, Tram und U-Bahn direkt vor der Tür erwies sich das Hostel als sehr guter Ausgangpunkt für sämtliche Aktivitäten innerhalb des Stadtgebietes. Dafür hatten sich die Gäste aus Boppard viel vorgenommen. Den Auftakt am ersten Tag bildete mit einem geführten Rundgang durch das Regierungsviertel ein ‚politisches Muss‘. Vertiefendes historisches Wissen vermittelte ein Besuch im Spionagemuseum.
Durch die Platte bei unangenehmen -7 Grad
Am zweiten Tag nahm die Klasse Tuchfühlung mit der sozialen Wirklichkeit in der Großstadt auf. Bei eisigen Temperaturen ging es zu Roland und Paul, zwei Straßensozialarbeitern aus dem „Team Pankow“ des gemeinnützigen Vereins Gangway e.V. im Brennpunktviertel Berlin-Buch. Die beiden erfahrenen Streetworker führten in die Praxis sozialer Arbeit ein. Sie arbeiten in ganz Berlin mit Jugendlichen und Erwachsenen, die am Rand der Gesellschaft stehen oder gar im Gefängnis sind. Diese Führung gestaltete sich äußerst konkret und plastisch: Sie führte zu Szeneorten, an denen die Streetworker mit den Jugendlichen in Kontakt treten. So gelang ein anschaulicher Einblick in den Arbeitsalltag Berliner Straßensozialarbeit. Danach ging es in die sogenannte „Box“, das Hauptquartier der Gangway e.V., in dem der fachliche Austausch mit den Fachleuten vor Ort fortgesetzt und vertieft wurde: „Wie geht ihr mit der psychischen Belastung um?“, „Wo siehst du dich in 10 Jahren, Paul?“, „Wie geht ihr als Sozialarbeiter mit Straftaten der Jugendlichen um?“, „Wie verhält es sich mit eurer Schweigepflicht, wenn ein Jugendlicher eine körperliche Straftat androht?“ – solche und ähnliche Fragen wurden in einem lebendigen Gespräch erörtert.
Von der Platte zur Gedenkstätte Hohen-Schönhausen
Hohen-Schönhausen, Ort des ehemaligen Stasi-Gefängnisses, gilt als Mahnmal für unmenschliche Haftbedingungen und politisch motivierte Verfolgung. Die ebenso anschauliche wie einfühlsame Führung hat alle Schüler*innen zutiefst berührt und sie zum Nachdenken über die Bedeutung von Menschenrechten und demokratischer Mitbestimmung angeregt, denn beides ist weltweit nicht selbstverständlich und muss immer wieder praktiziert und verteidigt werden. Ein solches Engagement hat bis auf den heutigen Tag nichts an Aktualität verloren, wie zum Beispiel auch die jüngsten Putschpläne der Reichsbürgerszene überdeutlich vor Augen führen.
„Bücher sind Lebensmittel“
Erlebnispädagogisch ging es dann für die zukünftigen Erzieherinnen und Erzieher weiter zum MACHmit!-Museum für Kinder im Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg. Das Museum bot unter dem Motto „Bücher sind Lebensmittel“ die Möglichkeit, im wahrsten Sinne des Wortes in Bücherwelten einzutauchen. Es ging auf sieben Meter hohe Labyrinth-Regale und auch in Schränke, um Kindertagebücher zu lesen. „Diese haptisch extrem anschauliche Kontaktaufnahme mit der Welt des Buches knüpft an aktuelle Themen des Fachunterrichtes an, in dem derzeit Literacy-Erziehung und Bilderbuchbetrachtung im Mittelpunkt stehen“, erläuterte Lehrerin Elisabeth Fritsche.
Bei all dem inhaltlich inspirierenden Input kam der gesellige Teil, der jeder Klassenfahrt die besondere Würze verleiht, nicht zu kurz: Gemeinsames Essen, Billiardspiel, Spaziergänge, private Freizeitaktivitäten und natürlich ausgiebige private Gespräche kamen in Berlin nicht zu kurz und rundeten den positiven Gesamteindruck für die Klasse, der weit über die Rückfahrt hinaus wirkte, ab.